Abstrakter Expressionismus

Kunstbewegung in der Malerei des 20. Jahrhunderts, die im spontanen Ausdruck des Individuums während des Malaktes ihren Ausgang nimmt und deren verschiedene Schulen und Richtungen bis heute fortdauern. Die Hochphase dieser Kunstbewegung lag allerdings in den fünfziger Jahren. Innerhalb des Abstrakten Expressionismus gibt es eine Vielfalt von Ausprägungen, da er mehr durch die ihm zugrunde liegenden subjektiven Vorstellungen und Konzepte der Künstler als durch einen einheitlichen Stil gekennzeichnet ist.



Die Wurzeln des Abstrakten Expressionismus liegen im Werk des in Russland geborenen Malers Wassily Kandinsky, für dessen nicht gegenständliche Bilder dieser Begriff erstmals in den zwanziger Jahren vom damaligen Direktor des New Yorker Museum of Modern Art, A. H. Barr, verwendet wurde.

Auch die Surrealisten, die bei ihrem Schaffen auf Spontaneität und Bilder des Unbewussten zurückgriffen, hatten Einfluss auf die Malweisen von Künstlern dieser Richtung. Maler der europäischen Avantgarde, die während des 2. Weltkrieges nach New York kamen, darunter Max Ernst, Marcel Duchamp, Marc Chagall oder Yves Tanguy, weckten bei amerikanischen Künstlern das Interesse für abstrakte Malerei und leiteten in den vierziger und fünfziger Jahren den Abstrakten Expressionismus in den USA ein. Amerikanische Maler wurden auch durch die subjektiven Abstraktionen des gebürtigen Armeniers Arshile Gorky, der 1920 nach Amerika ausgewandert war, und durch den deutschstämmigen amerikanischen Maler und Dozenten Hans Hofmann, der die dynamische Interaktion farbiger Flächen in den Mittelpunkt rückte, beeinflusst.

Die Künstler des Abstrakten Expressionismus konzentrierten sich hauptsächlich in New York, weshalb sie auch unter dem Begriff New York School bekannt wurden. Trotz unterschiedlichster individueller Ausprägungen begannen sich zwei wichtige Strömungen herauszubilden: das Action Painting (Aktionsmalerei) und das Colour Field Painting (Farbfeldmalerei). Die Anhänger des Action Painting befassten sich vorrangig mit der Struktur und Beschaffenheit der Farbe und ihren künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten, während Farbfeldmaler großflächige Farbkompositionen schufen. Zu den führenden Vertretern der Aktionsmalerei gehört Jackson Pollock, in dessen Bildern ineinander übergehende Linien aus getropfter und gegossener Farbe in unendlichen Strichmustern zu verlaufen scheinen. Willem de Kooning und Franz Kline benutzten für ihre rhythmischen Abstraktionen im unendlichen Raum breite Pinselstriche mit dickem Farbauftrag, während Mark Rothko Farbkompositionen mit pulsierenden Rechtecken in satten Farben schuf. Viele dieser Arbeiten sind herausragende Beispiele der Farbfeldmalerei. Künstler wie Bradley Walker Tomlin, Philip Guston, Robert Motherwell, Adolph Gottlieb oder Clyfford Still verbanden in ihren Arbeiten sowohl Elemente der Aktions- wie der Farbfeldmalerei.

Der Abstrakte Expressionismus erlebte auch in Europa eine Blütezeit, wo er französische Maler wie Nicolas de Staël, Pierre Soulages und Jean Dubuffet beeinflusste. Europäische Ausprägungen dieser Richtung sind der Tachismus (französisch tache: Fleck), der mit Hilfe von Farbflecken Gefühlsregungen auszudrücken versuchte, und der Art informel (Informelle Kunst), der formale und kompositorische Regeln ablehnte. Beide Stilrichtungen hatten viele Gemeinsamkeiten mit der Aktionsmalerei in New York. Zu den wichtigsten Vertretern des Tachismus gehören die Franzosen Henri Michaux, Georges Mathieu und Camille Bryen, der Spanier Antoni Tàpies, der Italiener Alberto Burri, der Deutsche Wols sowie der Kanadier Jean Paul Riopelle.

(Quelle: Microsoft Encarta 2000)